Die HOAI und ihre Leistungsphasen: So berechnet der Architekt sein Honorar
Architekten und ihre Auftraggeber können das Honorar frei verhandeln. Eine Grundlage kann jedoch die Honorarordnung für Architektenleistungen (HOAI) sein, die früher verpflichtend war. Für Bauherren bedeutet die Honorarordnung, relativ sicher kalkulieren zu können.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die Mindest- und Höchstsätze der HOAI gekippt. Die Regelung bleibt bestehen, allerdings kann sich bei neuen Verträgen keine Vertragspartei mehr auf den Mindest- oder den Höchstsatz berufen. Seit 2021 gilt das neue Gesetz, das der Honorarordnung lediglich Orientierungshilfe zuschreibt. Alte Verträge auf Basis des alten Gesetzes bleiben allerdings gültig.
Der Architekt plant individuelle Häuser. Das Honorar ist dagegen nicht individuell verhandelbar sondern wird auf Basis fester Regeln berechnet. Foto: tetmc / iStock
Als Berater des Bauherrn hat der Architekt viele Aufgaben, die im Architektenvertrag genau niedergeschrieben werden. Dabei können Auftraggeber leicht die Übersicht verlieren. Damit beide Parteien relativ sicher kalkulieren können – aber gleichzeitig bei Mehraufwand nicht mit zu niedrigen Pauschalbeträgen zurechtkommen müssen, können sich Architekt und Auftraggeber auf eine Abrechnung nach der Honorarordnung für Architektenleistungen (HOAI) einigen. Diese gibt weitestgehend vor, wie hoch das Honorar sein darf. Die HOAI kann auch als Orientierung für Pauschalhonorare herangezogen werden. So können Bauherren grob kalkulieren, wie viel ein Architekt kostet – schon vor dem ersten Gespräch.
- Die HOAI unterscheidet fünf Honorarzonen, die von der Schwierigkeit der Planung abhängen. Die erste Honorarzone ist die einfachste, die fünfte Honorarzone ist die schwierigste.
- Zusätzlich zur Honorarzone wird die Höhe des Honorars auch von insgesamtneun definierten Leistungszonen bestimmt. Die Leistungszonen beschreiben die einzelnen Planungsschritte, die der Architekt übernimmt. Die erste Leistungszone ist die Grundlagenermittlung, die letzte Leistungszone ist die Objektüberwachung. Ein Architekt, der alle Leistungszonen übernimmt, erhält das volle Honorar. Ein Architekt, der nur einen Teil der Leistungszonen übernimmt, erhält ein reduziertes Honorar.
Die Tabelle der Honorarzonen und Honorarsätze ist im Gesetz, also der HOAI unter § 35 vermerkt:
Was sich hinter den Basisgrößen der Rechnung verbirgt
Zu den Arbeiten eines Architekten gehört auch, einen Bau zu begleiten und die Bauherren zu beraten. Foto: JPWALLET / iStock
Die für den Architekten anrechenbaren Kosten eines Gebäudes sind keine Verhandlungsgröße, sondern die tatsächlich anfallenden Bauwerkskosten, die durch die Vergabe einzelner Arbeiten entstehen. Welche Kosten das sind, legt die DIN 276 fest.
Hier gibt es verschiedene Kostengruppen, beispielsweise für die Baukonstruktion oder die technische Ausstattung. Wenn sich der Bauherr für Details entscheidet, die die anrechenbaren Kosten erhöhen, beispielsweise eine zusätzliche Gaube eingeplant wird oder die Außenmaße verändert werden, steigt automatisch auch das Honorar des Architekten, weil sich seine anrechenbaren Kosten erhöhen.
Bauherren sollten möglichst eine Baukostenobergrenze vereinbaren. Dadurch sind dann nicht nur die Baukosten, sondern auch das Honorar des Architekten gedeckelt. Diese Deckelung bezieht sich allerdings nur auf das vertraglich vereinbarte Bauprojekt - beispielsweise ein Einfamilienhaus mit 160 Quadratmeter Wohnfläche. Wird daraus ein Doppelhaus mit insgesamt 300 Quadratmetern Wohnfläche, wird ein neuer Vertrag benötigt.
Ein Bauprojekt wird nach bestimmten Kriterien in eine von fünf Honorarzonen eingeordnet. Darin fließen die planerischen Anforderungen an die Einbindung eines Gebäudes in die Umgebung, die Anzahl der Funktionsbereiche wie Zimmer, Küche oder Nassräume, die Anforderungen an die Gestaltung, die Konstruktion, die technische Ausstattung und der Umfang des Innenausbaus ein. Gebäude der niedrigsten Honorarzone I, also jene mit sehr geringen Planungsanforderungen, besitzen beispielsweise nur einen einzigen Funktionsbereich, was etwa bei einer Garage der Fall ist. Ein Einfamilienhaus verfügt über mehrere einfache Funktionsbereiche und fällt üblicherweise in die Honorarzonen III oder IV.
Der Bauherr kann den Architekten mit neun Leistungsphasen beauftragen. Jeder Phase ist ein gewisser Prozentwert zugeteilt, der sich auf das mögliche Gesamthonorar bezieht, das dem Architekten dann zusteht, wenn er für alle neun Phasen verantwortlich ist.
Das sind die neun Leistungsphasen der HOAI
Wer eine Komplettbetreuung von der ersten Planung bis zum fertigen Bauwerk möchte, beauftragt den Architekten mit allen Leistungsphasen. Wer keine Komplettbetreuung möchte, kann sich aber auch einzelne Phasen aussuchen. Allerdings ist es in den meisten Fällen wenig sinnvoll, beispielsweise die Bauüberwachung wegzulassen, um das Architektenhonorar zu senken. Denn lässt der Bauherr einzelne Leistungsphasen weg, stellt sich die Frage, wer diese Leistung stattdessen erbringt. Denkbar wäre beispielsweise, einen Architekten das Gebäude planen zu lassen, den eigentlichen Bau dann aber von einem anderen Partner durchführen zu lassen.
Phase 1: die Grundlagenermittlung
In der ersten Leistungsphase werden die Vorstellungen des Bauherrn zu Nutzungsanforderungen, Bauqualitäten und dem finanziellen Rahmen besprochen. Der Architekt berät zum gesamten Leistungsbedarf und welche Fachplaner – dabei handelt es sich je nach Bauaufgabe um Statiker, Geologen, Landschaftsarchitekten oder Denkmalschützer - einbezogen werden können.
Das Honorar beträgt hierfür laut HOAI zwei Prozent.
Phase 2: die Vorplanung
In dieser Leistungsphase werden die ermittelten Grundlagen analysiert und ein Zielkatalog erstellt. In ständigem Austausch entstehen erste Planskizzen des Hauses, aber auch alternative Lösungen. Mit diesen Unterlagen werden erste Verhandlungen mit Behörden zur Genehmigungsfähigkeit aufgenommen. Je nachdem, ob Bauherr und Architekt in der Umsetzung der Vorstellungen übereinkommen, kann bereits eine vage Kostenschätzung erfolgen.
Der Anteil der Kosten beträgt sieben Prozent.
Phase 3: die Entwurfsplanung
In der Entwurfsplanung als dritter Leistungsphase erfolgt die Erarbeitung des Planungskonzepts. Die Vorstellungen des Bauherrn zu Gestalt und Funktion werden durch das technische und ökonomische Know-how des Architekten zu einem Entwurf verarbeitet. Auch die Leistungen anderer fachlicher Beteiligter - beispielsweise eines Statikers - fließen ein. Es folgen Entwurfszeichnungen und eine Objektbeschreibung. Nun wird mit der Kostenberechnung des Architekten auch der finanzielle Bedarf konkreter.
Die Entwurfsplanung macht 15 Prozent aus.
Phase 4: die Genehmigungsplanung
Die Entwurfsunterlagen werden in der vierten Leistungsphase aufgearbeitet und ergänzt. Mit der Unterschrift des Bauherrn kann der Architekt sie nun für erforderliche Genehmigungen und Zustimmungen bei Behörden einreichen und gegebenenfalls Verhandlungen führen.
Hierfür werden gemäß HOAI drei Prozent berechnet.
Phase 5: Die Ausführungsplanung
Die fünfte Leistungsphase bereitet die Bauausführung vor. Der Architekt konkretisiert die Resultate der beiden vorangegangen Leistungsphasen zu einer ausführungsreifen Lösung. Dies wird zeichnerisch bis hin zu Baudetails dargestellt und um Angaben für Handwerker und Baufirmen ergänzt.
Mit 25 Prozent ist die Ausführungsplanung der zweitgrößte Posten.
Phase 6: die Vorbereitung der Vergabe
Anhand der detaillierten Planungen kann nun mit der Ausschreibung der Bauleistungen begonnen werden. Die sechste Leistungsphase beinhaltet für den Architekten die Ermittlung und Zusammenstellung der für den Bau benötigten Mengen an Material und Bauleistungen. So kann eine möglichst genaue Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnissen erstellt werden, die mit den anderen an der Planung Beteiligten abgestimmt wird.
Hierfür fallen laut HOAI zehn Prozent an.
Phase 7: Mitwirkung bei der Vergabe
Der Architekt verschickt die Leistungsverzeichnisse an Baufirmen und Handwerker und holt deren Angebote ein. Er prüft und wertet sie nach bestem Fachwissen aus und bespricht sie mit dem Bauherrn. Die Entscheidung zur Vergabe der Leistungen liegt beim Bauherrn, der letztlich auch den Vertrag mit Bauunternehmen oder Handwerkern abschließt.
Für diese Aufgabe stellt der Architekt gemäß HOAI vier Prozent des Gesamthonorars in Rechnung.
Phase 8: Bauüberwachung und Dokumentation
Mit der achten Leistungsphase beginnt die eigentliche Bauphase. Der Architekt sorgt als Bauleiter dafür, dass die Bauausführungen gemäß Baugenehmigung, Ausführungsplänen und Leistungsbeschreibung realisiert werden. Außerdem achtet er auf die Einhaltung des Terminplans, denn Bauverzögerungen können teuer werden. Zusammen mit dem Bauherrn erfolgt die Abnahme der Bauleistungen vor Ort. Werden Mängel entdeckt, überwacht der Architekt anschließend die Beseitigung durch den Unternehmer und stellt die Gewährleistungsfristen aller Firmen zusammen. Der Bauherr erhält alle relevanten Baupläne und Detailzeichnungen.
Diese umfangreichen Architektenleistungen machen laut HOAI 32 Prozent aus – der größte Anteil der Architektenrechnung.
Phase 9: Objektbetreuung
In der letzten Leistungsphase geht es um das fertige Bauobjekt. Vor Ablauf der Verjährungsfrist der Gewährleistungsansprüche findet eine Objektbegehung statt, um etwaige Mängel festzustellen. So kann eine Mängelbeseitigung des bauausführenden Unternehmens erwirkt werden.
Die letzte Phase wird mit zwei Prozent berechnet.
Das Honorar des Architekten ist keine Phantasiesumme sondern wird nach bestimmten Regeln errechnet. Foto: Geber86 / iStock
So wird das Architektenhonorar berechnet
Das Architektenhonorar errechnet sich aus der Bausumme aller von ihm durchgeführten Leistungen. Die HOAI schlägt dabei bestimmte Basisgrößen in einer Tabelle vor, abhängig von der Honorarzone. Liegt die Bausumme aller 9 Leistungen beispielsweise bei exakt 300.000 Euro, beträgt das Honorar laut HOAI-Tabelle 39.981 Euro plus Umsatzsteuer. Sofern der Architekt für alle neun Stufen beauftragt war, könnte er sich mit seinem Auftraggeber auf diese Summe einigen – aber auch eine andere Summe ausmachen. Laut Urteil des Europäischem Gerichtshofs (EuGH) soll das HOAI nur als Orientierungshilfe dienen.
Nimmt ein Bauherrn alle neun Leistungsphasen in Anspruch, beträgt das Bruttohonorar für den Architekten etwa 15 Prozent der Bausumme. Wer vorab recherchieren möchte, was ein Hausbau möglicherweise kostet, sollte beachten, das im Gesetz die Honorarwerte ohne Mehrwertsteuer angegeben sind.
Auch bei einem Fertig- oder Typenhaus entstehen durch die Planung, Organisation und Baubetreuung Kosten. Diese werden allerdings nicht extra im Angebot der Bauunternehmen aufgeführt. Wer ein vergleichbares Haus beim Typenhaushersteller statt beim Architekten bestellt, spart nicht automatisch das Architektenhonorar. Der Hersteller beschäftigt ebenfalls Architekten, die zwar nicht nach HOAI bezahlt werden. Doch die Planungskosten fließen natürlich in den Preis des Herstellers mit ein.
Die Honorarschlussrechnung
Am Ende stellt der Architekt seine Rechnung für die erbrachte Leistung. Laut HOAI muss es sich dabei um eine prüffähige Honorarschlussrechnung handeln. Das bedeutet, dass alle Daten, die notwendig sind, um die Leistung abzurechnen, auch auf der Rechnung aufgeführt sein müssen. Dazu gehören:
- der Rechnungsbetrag an sich
- die Leistungen und die dazugehörigen Leistungsphasen
- die Honorarzone
Für den Bauherrn sollte diese Rechnung allerdings keine Überraschung sein. Ziel der HOAI ist ja unter Anderem, die Kosten eines Architekten von Beginn an transparent zu machen. Das würden die Parteien allerdings auch erreichen, wenn sie von vorneherein einfach eine bestimmte Pauschalsumme vereinbaren.