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Bauen mit Stroh

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Stroh ist ein umweltfreundlicher Baustoff, regional verfügbar und günstig. Rund 200 Betriebe setzen deutschlandweit bereits auf Strohballenbau. Was zukünftige Bauherren wissen sollten.

Beim Strohballenbau wird auf die Strohballenwand der Lehm im Spritzverfahren aufgetragen. Foto: baubiologie/Herbert Gruber Foto: baubiologie/Herbert Gruber

Bauen mit Stroh: lastabtragend oder ausfachend?

Beim Hausbau mit Stroh unterscheidet man grundsätzlich zwei verschiedene Bauweisen:

  • den lastabtragenden Strohballenbau
  • und den Einsatz von Stroh als nicht druckbelastete Ausfachung in einem Holzständerwerk.

Bei der ausfachenden Bauweise wird ein Holzständerwerk errichtet und die Ausfachungen werden mit gepressten Strohballen gefüllt. Die Bauweise unterscheidet sich insofern kaum von den meisten Fertighausbauweisen, bei denen statt Stroh beispielsweise Holzfasern oder Mineralwolle verbaut wird.

Für die lastabtragende Variante fehlt hierzulande bislang die bauliche Zulassung. Stroh als ausfachender Dämmstoff besitzt dagegen seit 2006 eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung. Der gängige Weg beim Bauen mit Stroh ist insofern die ausfachende Variante.

Baustoff Baustroh

Stroh wird bereits seit Jahrhunderten als Baustoff genutzt, seit Erfindung der Ballenpresse werden auch ganze Häuser aus Stroh gebaut. Heutzutage ist Stroh sowohl als Einblasdämmung als auch in Ballenform ein zertifizierter Baustoff. Seit 2014 regelt die vom Fachverband Strohballenbau (FASBA) erstellte Strohballenrichtlinie die fachgerechte Ausführung und Qualitätssicherung von Stroh als Baustoff. Baustroh kann man fertig kaufen. Wer möchte, kann aber auch das Stroh vom Bauern nebenan verwenden und von der BauStroh GmbH zertifizieren lassen.

Bei der Verwendung von Stroh als Baumaterial ist es wichtig, dass die Halme möglichst unbeschädigt sind. Sie sollen gelb und frisch aussehen und nicht modrig riechen. Der Feuchtegehalt darf nicht höher als 15 Prozentz liegen. Die Strohballen sollten möglichst gerade Kanten haben. Gängige Querschnitte der Ballen sind 48cm/36cm. Die eingebaute Rohdichte der Ballen muss laut Zulassung zwischen 85 und115 Kilo pro Kubikmeter betragen.

Nachwachsender Baustoff: nachhaltig und regional

Rund 20 Prozent des anfallenden Strohs beim Getreideanbau werden nicht verwendet. Das würde ausreichen, um jährlich etwa 350.000 Einfamilienhäuser mit Stroh zu dämmen. Stroh ist also ein Baustoff, der ohnehin vorhanden ist. Mit der Energie, die für die Herstellung eines Massivbaus benötigt wird, kann man ein Strohhaus errichten und 69 Jahre lang beheizen. Das Getreide entzieht der Atmosphäre beim Wachstum CO₂ und speichert es für die gesamte Nutzungsdauer des Hauses. Bei der Ballenproduktion gibt es nur einen minimalen CO₂-Ausstoß.

Wärmedämmung und Schallschutz

Auch die anderen bauphysikalischen Eigenschaften sprechen für das Bauen mit Stroh. „Strohballen eignen sich hervorragend zum Dämmen von Wänden“, sagt Gramlich. In Sachen Schallschutz und Dämmung erzielt Stroh im Vergleich zu anderen Materialien hervorragende Werte. Die Rohdichte von Stroh ist doppelt so hoch wie bei üblichen Dämmstoffen – und damit verbessert sich der Schallschutz entsprechend.

Die Fassade beim Haus aus Stroh

Die Fassade kann bei Strohballenhäusern an und für sich so gestaltet werden, wie bei anderen Häusern auch. Allerdings gibt es nur für einen Wandaufbau ein bauaufsichtliches Prüfzeugnis: innen mit Lehmputz und außen mit Kalkputz verputzt. Zusätzlich kann eine Fassade aber auch verkleidet werden, etwa mit Holz, Klinker oder anderen Fassadenelementen.

Feuer, Nässe und Schädlinge: Vorbehalte gegen Stroh

Feuergefahr

Loses Stroh ist leicht entflammbar. Bei Baustroh sieht das jedoch anders aus: „Die Pressung nimmt dem Brand den notwendigen Sauerstoff“, erklärt Diplom-Ingenieur Thomas Gramlich, Architekt und Experte für Holz- und Strohbau aus Bonn. „Ein Strohballenhaus ist also weder leichtentflammbar noch brennt es gut.“ Verputzte Strohballenwände werden in die Feuerwiderstandsklasse F90-B eingestuft. Eine solche Wand kann ihre Funktion unter Feuereinwirkung mindestens 90 Minuten lang aufrecht halten.  

Bei Versuchen des Fachverbandes Strohballenbau (FASBA) mit offener Flamme auf einer unverputzten gepressten Strohdämmung in einem Holzrahmenständer hat die gepresste Strohfüllung der Beflammung 90 Minuten standgehalten. Die Wand war anschließend nicht einmal zur Hälfte durchgebrannt

Nässe und Schimmel

Um ein Strohballenhaus vor Schimmel und Feuchtigkeit zu schützen, ist eine fachgerechte Planung und Umsetzung notwendig. Beim Hausbau muss darauf geachtet werden, dass die verbauten Ballen trocken sind, auf der Baustelle also keinem Regen oder Schnee ausgesetzt werden.

„Dafür, dass die Wände dauerhaft trocken bleiben, sorgt die diffusionsoffene Bauweise mit einem passenden Putz, zum Beispiel aus Lehm“, sagt Thomas Gramlich. „Dieser bindet Feuchtigkeit und gibt sie trockener Luft wieder ab“.

Schädlinge

Stroh dient Nagetiere und Insekten nicht als Nahrung, sondern in erster Linie als Unterschlupf. Genau das wird beim Strohballenbau verhindert, Weil die Ballen stark verdichtet sind. Zusätzlich sorgt der Außenputz dafür, dass die Wände ungezieferfrei bleiben.

Was kostet ein Haus aus Stroh?

Es ist schwer, pauschale Aussagen über Kosten für den Hausbau zu treffen, auch wegen regionaler Unterschiede. Eine Marktstudie von 2019 im Auftrag des Projekts UP STRAW kam auf der Basis von Baukosten aus dem Jahr 2016 zum Schluss, dass ein Strohhaus ohne Keller mit 2.019 Euro brutto pro Quadratmeter in etwa genauso viel kostet wie ein Vergleichshaus konventioneller Bauart mittleren Standards.

Zu berücksichtigen ist hier allerdings die allgemeine Baukostensteigerung. Diese liegt zwischen 2016 und 2022 bei über 40 Prozent laut Baukostenindex des Baukosten-Informationszentrums der Architektenkammern (BKI).

Eigenleistung beim Strohballenbau

Je nach Hausbauunternehmen können sich Bauherren mit Eigenleistungen beim Hausbau einbringen. So können Laien beispielsweise schnell lernen, wie die Ballen richtig in die Gefache eingefügt werden.

Die richtigen Baupartner finden

Ein Strohballenhaus benötigt eine genaue Planung und eine fachgerechte Umsetzung auf der Baustelle. Deshalb sollten möglichst erfahrene Planer und Handwerker zum Einsatz kommen. Rund 200 Fachbetriebe haben sich bundesweit auf das Bauen mit Stroh spezialisiert und können teilweise bereits auf jahrzehntelange Erfahrungen verweisen.
Kontakte zu Architekten, Zimmereien und Anbietern von Baustroh erhält man über den Fachverband Strohballenbau (FASBA).

Baustoff mit langer Historie

Bekannteste Beispiele für das Bauen mit Stroh sind traditionelle Fachwerkhäuser, bei denen in der Regel die Gefache zwischen den Holzbalken mit einer Mischung aus Lehm und Stroh gefüllt sind. Die ersten Häuser aus Strohballen etablierten sich um 1900 in den Sandhills von Nebraska in den USA. Dort war Holz knapp, aber das Farmland produzierte jede Menge Stroh als Abfallprodukt. Die Siedler stapelten die Strohballen zu Mauern, die anschließend innen wie außen verputzt wurden. Einige dieser Häuser sind noch heute in tadellosem Zustand. Auch in Europa sind historische Strohballenhäuser zu finden. Das älteste europäische Haus aus Stroh ist das Maison Feuillete von 1920, das heute als Sitz des Nationalen Strohballenbauzentrums in Frankreich fungiert.

Heute steigt die Zahl der Strohballenhäuser in Deutschland stetig. Sie beläuft sich aktuell nach Schätzungen des FASBA auf ca. 800 bis 1.500 Gebäude.