Mängelrüge und Mängelbeseitigung: So wehren sich Bauherren gegen Pfusch
Um eine Mängelbeseitigung mit Hilfe einer Mängelrüge durchzusetzen, ist die richtige Vorgehensweise entscheidend. So kommen Bauherren zu ihrem Recht.
Baubegleitung durch den Profi: Bei Mängelrüge und Mängelbeseitigung vertrauen viele Bauherren auf das Wissen des Fachmanns. Foto: Verband Privater Bauherren e.V. Foto: Verband Privater Bauherren e.V.
Baumangel, Mängelrüge, Mängelbeseitigung
Ein Baumangel liegt vor, wenn eine Arbeit am Bauwerk nicht richtig, nicht vollständig oder nicht funktionsfähig durchgeführt wurde. Maßgeblich hierfür ist, was im Vertrag, beziehungsweise der darin enthaltenen Baubeschreibung vereinbart wurde. Baut die Baufirma beispielsweise die Treppe in Fichtenholz, obwohl im Vertrag Eiche steht, so ist das ein Mangel. Selbstverständlichkeiten – etwa die Verwendung frostsicherer Fliesen für eine Terrasse – müssen jedoch nicht extra vertraglich geregelt werden. In solchen Fällen ist von den allgemein anerkannten Regeln der Technik die Rede.
Mit einer Mängelrüge – auch Mängelanzeige genannt – teilt der Bauherr dem Handwerker, beziehungsweise dem Bauunternehmer, der die Gesamtverantwortung trägt, schriftlich den Baumangel mit und fordert ihn zur Mängelbeseitigung innerhalb einer angemessenen Frist auf. Diese Nacherfüllung, also eine zweite Chance, seinen Vertrag zu erfüllen, müssen Bauherren dem ausführenden Handwerksbetrieb stets gewähren. Wie genau Bauherren dabei vorgehen sollten, regeln die Paragraphen 634 und 635 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).
Vorgehen bei Baumängeln: In 5 Schritten zur Mängelbeseitigung
Je früher der Fehler entdeckt wird, desto bessere Karten hat der Bauherr auf Nacherfüllung. Darum sollte der Bauherr die Baustelle regelmäßig besuchen und kontrollieren. Spätestens bei der Bauabnahme muss er ganz genau hinschauen. Denn fällt ein Mangel erst zu einem späteren Zeitpunkt auf, muss er beweisen, dass das Bauunternehmen dafür verantwortlich ist und nicht etwa er selbst. Zur Absicherung lohnt es sich oft, einen unabhängigen Sachverständigen als Baubegleiter zu engagieren.
Damit vorhandene Mängel beseitigt werden, sollte der Auftraggeber folgende Schritte unternehmen:
- Baumangel dokumentieren: Fotos machen, am besten Nahaufnahmen mit aufgelegtem Zollstock sowie Überblickfotos. Neutrale Zeugen oder gegebenenfalls einen Sachverständigen heranziehen.
- Mängelrüge anfertigen: Die Mängelanzeige erfolgt schriftlich per Einschreiben mit Rückschein. Als angemessene Frist zur Mängelbeseitigung gelten in der Regel 14 Tage. Wichtig ist, das genaue Datum anzugeben. Im Zweifelsfall sollte man einen Fachanwalt hinzuziehen.
- Geld zurückbehalten: Der Bauherr hat das Recht, einen angemessenen Teil der Handwerkerrechnung – etwa in zweifacher Höhe der Mängelbeseitigungskosten – einzubehalten, bis der Mangel behoben ist.
- Nachfrist setzen: Wird nicht innerhalb der gesetzten Frist nachgebessert, sollte als letzte Chance eine Nachfrist gewährt werden.
- Rechte wahrnehmen: Verstreicht auch die Nachfrist, hat der Bauherr verschiedene Möglichkeiten der Selbstvornahme: Er kann einen anderen Handwerker mit der Mängelbeseitigung beauftragen, die Vergütung mindern oder bei erheblichen Mängeln ganz vom Vertrag zurücktreten. Falls es durch die verzögerte Fertigstellung zu finanziellen Verlusten oder Mehraufwendungen kommt – zum Beispiel Miete für eine Ersatzwohnung – kann er Schadensersatz verlangen.
Keine eigenen Reparaturversuche!
Auf keinen Fall sollte der Bauherr selbst an dem Baumangel herumdoktern – denn dadurch können wichtige Beweise zerstört werden. Der Handwerker kann schlimmstenfalls sogar behaupten, der Mangel sei durch nicht fachgerechte Heimwerkerei erst entstanden oder zumindest verschlimmert worden.
Im Streitfall: Beweisverfahren anstreben und mit der Mängelrüge vor Gericht
Hat der Bauherr den Mangel dem Bauunternehmen gemeldet und ist auch die Nachfrist verstrichen, kommt er üblicherweise nicht mehr um eine juristische Auseinandersetzung herum. Deswegen sollten sich Bauherren spätestens jetzt Rechtsberatung holen. Ein Anwalt kann gemeinsam mit dem Bauherrn eine Schlichtung anstreben oder aber eine sogenanntes selbstständiges Beweisverfahren.
Bei dem Beweisverfahren handelt es sich um ein Verfahren, das bei Gericht beantragt werden muss - ohne, dass zuvor bereits Klage eingereicht worden wäre. Das Gericht beauftragt dann einen Gutachter. Das selbstständige Beweiseverfahren hat mehrere positive Effekte:
- Beweise, beziehungsweise eine Sachlage, können gesichert werden.
- Auf Basis des Gutachtens können sich die Parteien möglicherweise außergerichtlich einigen.
- Geht der Fall vor Gericht, liegt bereits ein Gutachten vor, was den Prozess beschleunigen kann.
- Der Fall ist bereits aktenkundig, die Verjährung etwaiger Ansprüche wird aufgeschoben.
Wenn der Handwerker bereits bezahlt ist: Mängelrüge nach Bauabnahme
In manchen Fällen werden Handwerkerfehler aber erst offenbar, wenn die Arbeiten bereits abgenommen und bezahlt sind. Auch dann können Bauherren noch eine Mängelbeseitigung fordern, und zwar im Rahmen der gesetzlichen Gewährleistungsrechte. Die Frist dafür beträgt fünf Jahre, wenn es sich um einen Vertrag nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) handelt. Wenn die Regelungen der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen, Teil B (VOB/B) vereinbart wurden, beträgt sie nur vier Jahre.
Bei privaten Bauverträgen werden normalerweise die BGB-Regelungen angewendet. Will der Handwerker den Vertrag nach VOB abschließen, muss er dem Kunden zuvor den gesamten VOB/B-Text aushändigen.
Auch in diesen Fällen muss der Bauherr mit einer schriftlichen Mängelrüge den Baumangel dem Handwerksbetrieb anzeigen und zur ihn Beseitigung innerhalb einer festgesetzten Frist auffordern. Allerdings ist es nun nicht mehr möglich, einen Teil des Honorars zurückzuhalten, da die Rechnung ja bereits bezahlt wurde.
Die 10 häufigsten Baumängel
Manche Macken sind eher selten, andere treten gehäuft auf. Das ist die Einschätzung des Vereins zur Qualitäts-Controlle am Bau e.V., der sich auf über 6.000 betreute Baustellen stützt. Der Verein hat die Top Ten der gehäuft auftretenden Baumängel zusammengestellt:
- Das Mauerwerk oder der Putz haben Risse: Aktuelle Baustoffe wie Mörtel oder Putz sind hoch komplex und bedürfen einer Verarbeitung exakt nach Vorgabe. Oft wird hier geschlampt oder es werden Baustoffe kombiniert, die nicht zusammenpassen. Auch einfache handwerkliche Fehler treten auf. Die Folge sind oft Risse in Putz und Mauerwerk.
- Die Fensterleibungen sind durchfeuchtet: Die Anschlussdetails zwischen Putz und Fenster werden nicht sorgfältig genug ausgeführt. Folge: Regen und Wind können eindringen, was sich früher oder später in Wasserschäden an der Fensterlaibung niederschlägt.
- Die Dampfsperre ist undicht: Eine Dampfsperre soll die hinter ihr liegenden Bauteile vor Feuchtigkeit in der Luft schützen. Lecks können hier dramatische Folgen haben: Kühlt die Luft ab, gibt sie Feuchtigkeit, zum Beispiel an die Dämmung, ab – und die wird dadurch zerstört.
- Die Bodeneinschubtreppe wurde falsch montiert: Beim Einbau der Bodeneinschubtreppe – also einer einklappbaren Treppe zum Dachboden – werden bisweilen die Anschlüsse an die Dampfbremse unsachgerecht ausgeführt. Dadurch kann Feuchtigkeit in die Bauteile gelangen. Folge: Schlechterer Wärmeschutz oder gar Schimmelbefall.
- Der Spitzboden wurde nicht entlüftet: Der Spitzboden sollte nach Ende der Bauarbeiten ausreichend gelüftet werden, da er dann noch viel Feuchtigkeit enthält. Geschieht das nicht, drohen Tauwasserschäden und Schimmelbefall.
- DerKellerist undicht: Ein undichter Keller kann viele Ursachen haben: Planungs- oder Materialfehler oder einfach eine unsachgemäße Ausführung. Kostspielig ist es allemal, solche Baumängel zu beheben. Fünfstellige Summen sind die Regel.
- Risse im Holz: Risse in tragenden Holzteilen sehen nicht nur schlecht aus, sondern können auch ein Sicherheitsrisiko sein, da sie die Stabilität eines Bauteils beeinträchtigen. Ursache ist meist, dass Holz verbaut wurde, das nicht genug trocknen konnte: Durch den Schwund beim Trocknen entstehen die Risse.
- Fehler bei der Kelleraußentreppe: Die Entwässerung der Kelleraußentreppe ist bisweilen nicht optimal gewährleistet: Dann kann Wasser nicht abfließen und es drohen langfristig Feuchtigkeits- und Frostschäden.
- Baumängel beim Estrich: Ungewollte Risse im Estrich entstehen, wenn Dehnungsfugen zu angrenzenden Bauteilen nicht ausreichend dimensioniert oder an der falschen Stelle gesetzt wurden. Liegt erst der Bodenbelag, kann man diesen Baumangel nicht mehr ohne Weiteres erkennen. Bauherren müssen schon während der Bauphase aufpassen.
- Undichte Lüftungsanlagen: Baumängel betreffen auch Lüftungsanlagen, die oft undicht sind. So kann Feuchtigkeit an Bauteile gelangen, zudem wird die Energieeffizienz gemindert.
Gebäudehülle: Beim Blower-Door-Test wird häufig mangelnde Luftdichtigkeit festgestellt. Foto: Bauherren-Schutzbund e.V. Foto: Bauherren-Schutzbund e.V.
Dämmung: Fehler beim Anbringen der Dampfbremsfolie: Hier müssten elastische Dichtungsklebebänder verwendet werden. Foto: Bauherren-Schutzbund e.V. Foto: Bauherren-Schutzbund e.V.
Keller: Feuchte Kellerwände vorprogrammiert: Mangelnde oder falsche Abdichtung. Foto: Bauherren-Schutzbund e.V. Foto: Bauherren-Schutzbund e.V.
Dach: Fehlerhafter Dämmaufbau führt zu Feuchteschäden. Foto: Verband Privater Bauherren e.V. Foto: Verband Privater Bauherren e.V.
Fenster: Falsche Montage mit Sonnenschutzglas nach innen statt außen. Foto: Verband Privater Bauherren e.V. Foto: Verband Privater Bauherren e.V.
Mauerwerk: Wird an an Fugen und Mörtel gespart, sind Wände meist nicht allzu stabil. Foto: Bauherren-Schutzbund e.V. Foto: Bauherren-Schutzbund e.V.