Bauabnahme - (k)ein heikles Thema
Wenn ein Bauabschnitt vollendet wurde oder spätestens, wenn das Haus fertig ist, ergibt sich eine scheinbar einfache Frage: Hat der Bauträger oder Handwerker geliefert, was im Bauvertrag vereinbart wurde? Genau das wird bei der Bauabnahme festgestellt. Was harmlos klingt, ist für den Bauherrn ein bedeutender juristischer Schritt, der ihn in die Verantwortung nimmt. Deswegen ist bei der Bauabnahme größte Sorgfalt geboten.
Wurden die Fenster ordnungsgemäß eingestellt? Eine Bausachverständige prüft den Neubau bis ins letzte Detail. Foto: Kzenon / stock.adobe.com
Sobald ein Neubau im vereinbarten Zustand ist, folgt die Bauabnahme oder die Hausübergabe. Ein großer Moment, folgt doch im Idealfall die Schlüsselübergabe und der Bauherr kann einziehen. Lediglich bei Ausbauhäusern oder wenn ein Bauherr sämtliche Bauarbeiten als Einzelgewerke an einzelne Unternehmen vergeben hat, sieht es möglicherweise anders aus. Die Bauabnahme markiert aber nicht nur das Ende der Bauphase, sie hat auch weitreichende juristische Folgen.
Deswegen ist es unbedingt empfehlenswert, die Bauabnehme ernst zu nehmen und am besten einen unabhängigen Bausachverständigen zu engagieren, der sie begleitet. Der Verband privater Bauherren oder der Bauherren-Schutzbund bieten gegen Honorar Hilfe an. Das kostet zwar 2.000 bis 3.000 Euro, doch ein Mangel, den der Bauherr übersieht, kann deutlich teurer werden.
Früher gab es eine Fertigstellungsbescheinigung. Ein Dokument, dass ein Gutachter ausstellte und die Fertigstellung und Mangelfreiheit eines Hauses bestätigte. Der Bauherr musste nicht anwesend sein. Ein solche Hausübergabe mit Fertigstellungsbescheinigung ist inzwischen nicht mehr zulässig. Der Auftraggeber muss selbst unterschreiben.
Der Zeitpunkt der Bauabnahme
In der Regel teilt die Baufirma ihrem Kunden mündlich oder schriftlich mit, dass das Haus übergeben werden kann. Nun hat der Bauherr üblicherweise 14 Tage Zeit, zu reagieren und einen Termin auszumachen. Aufschub gibt es nur dann, wenn der Bauherr einen Mangel anmeldet. Allerdings muss er sich nicht auf eine Übergabe einlassen, wenn nicht alle vereinbarten Leistungen erbracht wurden. Ist das Bauunternehmen beispielsweise auch für den Garagenbau zuständig, muss sich der Bauherr nicht auf eine Übergabe einlassen, wenn diese erst in einigen Wochen geliefert und aufgestellt werden soll.
Worauf Bauherren bei der Bauabnahme achten sollten
Die wichtigste Frage bei der Bauabnahme: Wurden alle vereinbarten Leistungen erbracht? Foto: Verband Privater Bauherren e.V.
Die Bauabnahme ist eine gemeinsame Begehung der ehemaligen Baustelle, bei der alle Leistungen überprüft werden und der Bauherr im Umgang mit beispielsweise der Heizung geschult wird. Besonders wichtig ist dabei das Anfertigen eines Abnahmeprotokolls. Darin werden alle vorgefundenen Mängel möglichst genau beschrieben. Mehrere beweiskräftige Fotos runden die Bestandsaufnahme ab. Auch alle Leistungen, die noch nicht erbracht wurden, müssen aufgenommen werden. Falls der Bauherr keinen Sachverständigen engagiert hat, sollte er auch Dinge aufnehmen, bei denen er einen Mangel vermutet. Dann kann er im Nachhinein noch einen Sachverständigen engagieren und das Haus überprüfen lassen.
Bei einem schlüsselfertigen Haus lassen sich gar nicht alle Leistungen prüfen. Beispielsweise, ob die Heizung richtig installiert oder ob die Elektrik fachgerecht installiert wurde. Im Optimalfall sollte die Baustelle deswegen schon vorher immer wieder kontrolliert werden.
Wenn Mängel auftreten
Ein offensichtlicher Mangel: Kabel ragen aus der Wand, der Putz ist beschädigt. Foto: Verband Privater Bauherren e.V.
Wenn bei der Übergabe Mängel auftreten, müssen diese dokumentiert und dann gemeldet werden. Der Ansprechpartner ist normalerweise die Baufirma oder der Architekt, auch wenn diese einzelne Leistungen an Subunternehmer vergeben haben. Die Baufirma oder der Architekt muss sich dann darum kümmern, dass der Mangel behoben wird – und zwar innerhalb einer Frist. Für diese Frist gibt es keine gesetzlichen Vorgaben. Aber sie sollte angemessen sein und hängt natürlich mit den auszuführenden Arbeiten zusammen. Sollen neue Fenster eingebaut werden, braucht das weniger Zeit als der Austausch der Fußbodenheizung.
Egal, ob ein Mangel erst bei der Bauabnahme oder zu einem anderen Zeitpunkt entdeckt wird – dieser Artikel erklärt, wie Bauherren vorgehen sollten:
Mängelrüge und Mängelbeseitigung: So wehren sich Bauherren gegen Pfusch
Sonderfall: Beweisverfahren
In seltenen Fällen gibt es keinen eindeutigen Ansprechpartner. Zum Beispiel, wenn ein Bauherr die Arbeiten einzeln vergeben hat und sich verschiedene Handwerker und der Architekt gegenseitig die Schuld zuweisen. Dann muss höchstwahrscheinlich ein Gericht klären, wer für den Schaden aufkommt – was eine Weile dauern kann.
Deswegen sollten Bauherren mit der Hilfe eines Anwalts ein sogenanntes Beweisverfahren anstreben, bei dem ein Gutachten erstellt wird, das später auch vom Gericht anerkannt wird. Gibt es nur ein normales Gutachten ohne Beweisverfahren, kann es angefochten werden und das Gericht beauftragt ein neues Gutachten. Das kostet Zeit und im schlimmsten Fall lässt sich der Schaden nicht mehr nachvollziehen. Auch in anderen Fällen kann ein Mangel vor Gericht landen. Immer, wenn sich das abzeichnet, kann ein Beweisverfahren eine geeignete Maßnahme sein.
Das muss ins Abnahmeprotokoll
Alle Mängel sollten in ein Abnahmeprotokoll aufgenommen werden – und noch einige weitere Daten. Foto: Peter Atkins / stock.adobe.com
Üblicherweise bereitet das Hausbauunternehmen die Übergabe vor und bringt auch das Abnahmeprotokoll mit. Es handelt sich dabei aber um kein bestimmtes Formular. Es kann sich also sogar ein handschriftliches Dokument sein. Allerdings sollten folgende Infos aufgeführt sein:
- Teilnehmer der Baubegehung
- Datum und Ort der Bauabnahme
- Name des Bauherrn
- Adresse der Baustelle
- Auftragsnummer und Datum des Bauvertrages
- Benennung der abzunehmenden Leistung
- Datum, Beginn und Fertigstellung der Bauleistung
- Auflistung aller Mängel (sowohl neue als auch bekannte, noch nicht behobene Mängel)
- Dinge, die als Mangel empfunden werden
- Einvernehmliche Vereinbarung eines zweiten Termins zur Bauabnahme, bis zu dem alle Mängel beseitigt sind
- Auftraggeber behält sich seine Rechte wegen der festgestellten Mängel vor
- Der Auftraggeber behält sich seine Rechte wegen der verwirkten Vertragsstrafe vor
Dieses Dokument wird dann unterschrieben und kommt keiner Bauabnahme gleich.
Nach der Bauabnahme
Ein Termin zur Bauabnahme muss nicht mit der tatsächlichen Hausübergabe enden. Treten Mängel auf, wird sie möglicherweise bis zur vereinbarten Frist verschoben. Wirklich abgenommen ist ein Haus erst, wenn der Auftraggeber dies mit seiner Unterschrift bestätigt. Und genau das sollte der Bauherr keinesfalls zu früh tun, denn eine abgeschlossene Bauabnahme hat für ihn einige Folgen:
- Je nach Vereinbarung muss nun die erbrachte Leistung bezahlt werden. Das kann die gesamte Summe sein oder die letzte Rate. Wer ein Haus abnimmt, obwohl noch Mängel behoben werden müssen, kann laut § 641 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) das Doppelte der der für die Beseitigung des Mangels erforderlichen Kosten einbehalten.
- Der Gewährleistungszeitraum der Baufirma oder des Handwerkers beginnt. Diese Betrifft Mängel, die innerhalb von fünf Jahren nach der Abnahme auftreten, die zum Zeitpunkt der Abnahme aber nicht festgestellt werden konnten.
- Die Beweislast liegt nun beim Eigentümer. Vor der Bauabnahme muss das Bauunternehmen beweisen, für einen Mangel nicht verantwortlich zu sein. Entdeckt der Bauherr nach der Abnahme einen Mangel, den er hätte entdecken können, muss er beweisen, dass die Baufirma dafür verantwortlich ist.
- Der Gefahrenübergang bedeutet, dass der Eigentümer ab sofort das gesamte Risiko rund um das Haus allein trägt. Angenommen ein schwerer Sturm beschädigt den Rohbau, dann muss vor Gefahrenübergang die Baufirma für die Reparaturen aufkommen. Nach der Hausübergabe ist das nicht mehr der Fall.
- Mit der Abnahme hat die Baufirma ihren Auftrag erfüllt – und möglicherweise das vereinbarte Fertigstellungsdatum eingehalten. Muss sie in Wirklichkeit noch nachbessern, würden möglicherweise Vertragsstrafen fällig, falls der Termin nicht eingehalten werden kann.
Der Bauherr nimmt das Haus auch in folgenden Fällen ab:
- Wenn er nach der Ankündigung der Bauabnahme nicht reagiert und die Frist verstreichen lässt.
- Wenn er in das Haus einzieht, die Schlussrate überweist oder den Handwerkern Trinkgelder zahlt. Diese drei Handlungen können als schlüssiges Handeln angesehen werden, durch die der Eigentümer zeigt, dass die Bauphase aus seiner Sicht beendet ist.
Erst einziehen, wenn alles geklärt ist
In den meisten Fällen läuft eine Bauabnahme ohne größere Probleme ab. Das heißt, der Bauherr oder der Sachverständige finden möglicherweise einige Mängel, dokumentieren diese und vereinbaren mit der Baufirma eine Frist. Innerhalb der Frist gibt es einen erneuten Termin, der Sachverständige ist zufrieden und das Haus kann übergeben werden. Erst dann sind Eigentümer auf der sicheren Seite und können in ihr neues Heim einziehen.