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Das Reetdach: Besonderheiten, Pflege, Kosten

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Reetdächer werden vor allem in Norddeutschland gebaut. Sie sind einerseits traditionell-romantisch, andererseits aber relativ teuer und pflegeaufwendig. Was Bauherren beachten sollten.

In Deutschland prägen Reetdächer heute vor allem das Erscheinungsbild vieler ländlicher Gemeinden an der Nord- und Ostseeküste.

Ein großer Teil der heute gebauten Reetdächer sind Sanierungsprojekte, doch auch im Neubau steigt die Nachfrage, obwohl Herstellung und Erhalt eines Reetdaches deutlich teurer sind als bei einem regulären Ziegeldach.

Reetdach: Das sind die Voraussetzungen

Bei der Planung eines Reetdachs müssen folgende Besonderheiten berücksichtigt werden:

Grundstücksgröße

Für ein Reetdach bauen will, braucht ein größeres Grundstück als bei anderen Dächern. Reetdächer gehören zu den sogenannten Weichdächern. Gemeint sind damit Dacheindeckungen aus nicht feuerfestem Naturmaterial, die einem erhöhten Brandrisiko ausgesetzt sind. Damit ein Reetdach genehmigt werden kann, müssen deshalb bestimmte Abstände zur Grundstücksgrenze eingehalten werden. Die Musterbauordnung (MBO) verlangt bei Weichdächern zwischen 6 bis 12 Metern, manche Landesbauordnungen (LBO) schreiben sogar bis zu 24 Metern vor. Bei einem Hartdach müssen dagegen in der Regel nur 3 Meter Grenzabstand eingehalten werden.

Lage des Grundstücks

Damit die vom Reetdach aufgenommene Feuchtigkeit immer wieder gut abtrocknen kann, sollte das Dach an seinem Standort am besten nicht durch große Bäume beschattet werden. Ein Reetdach braucht Luft, Sonne und Wind! Auf feuchten Dächern bilden sich verstärkt Moose und Pilze, welche die Feuchtigkeit speichern und die Haltbarkeit des Daches verringern. An der Nordseite altert das Reetdach schneller.

Profidachdecker, die die Fachregel Reetdach einhalten

Ein Reetdachdecker bei der Arbeit. Die Reetbündel liegen bereit. Foto: mitifoto / stock.adobe.com

Ein Reetdach zu bauen ist eine Kunst für sich. Der Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks verlangt von Reetdachdeckern deshalb die Einhaltung einer speziellen Fachregel, die klare Richtlinien hinsichtlich Konstruktion, Ausführung und des zu verwendenden Materials festlegt. „Die Einhaltung dieser Regeln ist maßgeblich für die Gewährleistung der Funktionstüchtigkeit und Haltbarkeit des Reetdaches,“ erklärt Kai Petersen, Reetdachdecker und Obermeister der Reetdachdeckerinnung Schleswig-Holstein.

Dachneigung

Ein Reetdach muss über eine Dachneigung von mindestens 45 Grad verfügen, damit das Regenwasser auf den Halmen gut abgleiten kann. Je größer die Neigung, desto besser. "Das gilt besonders, wenn Dachgauben eingebaut werden,“ unterstreicht Kai Petersen, Obermeister der Reetdachdeckerinnung Schleswig-Holstein, „denn deren Bedachung hat im Vergleich zum Gesamtdach eine reduzierte Halmneigung.“

Dachüberstand an der Traufe

Zum Reetdach gehört auch die typische Gestaltung der Traufe. Regenwasser wird nicht über eine Regenrinne abgeführt, sondern direkt über die Halme auf den Boden geleitet. Die Dachabdeckung muss deshalb an der Traufe allseitig um mindestens 50 Zentimeter über die Außenwände hinausragen. Waagrecht zur Hauswand gemessen sollte der Abstand mindestens bei 15-30 cm liegen.

Hinterlüftung des Daches

Ein Reetdach von der Seite, unter der dicken Reetschicht liegt noch ein Lüftungsschicht verborgen. Foto: AR Pictures / stock.adobe.com

Auch auf der Innenseite muss dem Reetdach über entsprechende Öffnungen ausreichend Luft zu- und abgeführt werden. Als Dachböden noch unbewohnt waren, ließ sich dieser Luftzug gut zum Wäsche trocknen nutzen. Soll das Dachgeschoss aber ausgebaut werden und bewohnbar sein, ist das eine größere Herausforderung als bei anderen Dacheindeckungen. Denn trotz des Luftaustauschs muss das Dach alle Dämmvorschriften des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) erfüllen.

Das Reetdach sollte deshalb als hinterlüftetes Kaltdach konstruiert werden. Unter der etwa 30 Zentimeter dicken Dachhaube aus Reet muss eine Belüftungsschicht mit entsprechenden Öffnungen an Traufe und First eingeplant werden. Diese Schicht hat eine Breite von sechs bis acht Zentimetern. Erst dann folgt die Dämmung mit winddichter Folie und weiteren Dämmmaßnahmen.

Qualität des Reets

Für die Haltbarkeit des Daches spielt auch die Qualität des verwendeten Reets eine Rolle. Eine wichtige Orientierungshilfe bietet die Auszeichnung mit dem Kürzel QSR, welches von der Gesellschaft für Qualitätssicherung Reet ausgestellt wird, wenn das Reet die Qualitätskriterien des Zentralverbands des Deutschen Dachdeckerhandwerks erfüllt. Petersen: „Treten später Schäden am Dach auf, weiß man, dass diese nicht von einer minderen Reetqualität herrühren können.“

Die mindestens 60 Zentimeter dicken Bündel dürfen über eine maximale Restfeuchte von 15 bis 18 Prozent verfügen, vor allem das Bundinnere muss trocken sein. Außerdem muss das Rohr an seiner härtesten und wasserresistentesten Stelle geschnitten sein. Da die Nachfrage nach Reet in Deutschland die selbst produzierten Mengen übersteigt, wird heute ein großer Teil importiert. Zu den Herkunftsgebieten gehören vor allem Länder Südosteuropas, aber auch China.

Kunstreet

Seit rund 10 Jahren wird in Deutschland außer Naturreet auch sogenanntes Kunstreet verarbeitet. Dabei handelt es sich um ein Kunststoffprodukt, welches das Aussehen von Naturreet nachahmt, im Vergleich dazu aber eine Reihe von Vorteilen bietet:

  • länger Haltbarkeit
  • keine Verfärbung im Laufe der Jahre
  • geringerer Wartungsaufwand
  • Die Dacheindeckung kann deutlich dünner sein als beim Naturreet
  • Einstufung als Hartdach

Es hat aber einen entscheidenden Nachteil: Die Kosten liegen noch ein gutes Stück über Naturreet. Das Reetdach – ohnehin schon eine der teuersten Dacheindeckungen überhaupt – wird dadurch also noch teurer.

Ist ein Reetdach energieeffizient?

Ob ein Dach energieeffizient ist oder nicht, liegt an der Dämmung, nicht an der Eindeckung. Insofern kann ein Reetdach genau wie jedes andere Dach energieeffizient sein.

Bei einer entsprechenden Planung kann sich ein Haus mit Reetdach problemlos für die Fördermittel der KfW-Bank oder des Bundesamtes für Ausfuhrkontrolle (BAFA) qualifizieren. Theoretisch ist sogar die Installation von Solarmodulen oder einer Photovoltaikanlage möglich. „Werden die Module oben auf das Dach gesetzt, zerstören sie natürlich die bewusst gewählte, charakteristische Optik des Reetdaches“, sagt Petersen. „Wir rechnen aber damit, dass es bald auch Lösungsvorschläge für eine harmonischere Integration geben wird.“

Versicherung und Brandschutz

Die Gebäudeversicherung für ein Haus mit Weichdach fällt in der Regel teurer aus als bei einem mit Hartdach. Das liegt an dem erhöhten Brandrisiko des Naturmaterials. Dass ein Reetdach tatsächlich Feuer fängt, kommt nach Erfahrung Petersens allerdings nur sehr selten vor. „Und öfter als dass das Dach von außen in Brand gerät, entstehen Reetdachbrände durch Defekte bei Elektroleitungen auf der Innenseite.“

Um das Übergreifen eines Dachbrandes auf den Rest des Hauses herauszuzögern, können auf der Dachinnenseite Brandschutzplatten verbaut werden, wie sie im Kaminbau für die Ummantelung feuer- und hitzeführender Bauelemente zum Einsatz kommen. Eine solche Maßnahme ist kostenintensiv, kann sich danach aber positiv auf den Versicherungstarif auswirken. Auch wer einen Wartungsvertrag abgeschlossen hat und damit nachweislich einen Beitrag zum guten Zustand seines Daches leistet, sollte das dem Versicherer mitteilen. „Auf jeden Fall sollte man sich vor Ort einen regionalen Versicherer suchen, der auch Erfahrung mit Reetdächern und speziell zugeschnittene Angebote hat,“ rät Petersen.

Wie teuer ist ein Reetdach?

Im Vergleich zu einem Hartdach müssen Bauherren für ein Dach aus Reet rund 140 bis 150 Euro Mehrkosten pro Quadratmeter Dachfläche einkalkulieren. Allein die Materialkosten liegen derzeit bei 50 bis 60 Euro pro Quadratmeter.

Wie wird ein Reetdach gewartet?

Ein Reetdach sollte regelmäßig gepflegt werden – auch wegen des Klimawandels: „Früher konnte man einmal im Jahr zuverlässig mit einer dicken Schneedecke rechnen, die beim Abschmelzen Moose und andere Verunreinigungen vom Dach abgewaschen hat“, sagt Kai Petersen, Obermeister der Reetdachdeckerinnung Schleswig-Holstein. Viele Reetdachdecker bieten ihren Kunden deshalb Wartungsverträge an. Vereinbart wird darin beispielsweise die jährliche Inspektion des Daches inklusive der Reparatur von Kleinstschäden und der Befreiung von Moos, Flechten und Blättern. Das jährliche Wartungsprotokoll gibt dem Hauseigentümer Überblick über den aktuellen Zustand seines Daches und zeigt ihm notwendige Reparaturen an. Die Kosten für einen solchen Wartungsvertrag liegen in der Regel bei weniger als drei Euro pro Quadratmeter und Jahr.

Wie lange hält ein Reetdach?

Reetdachdeckerinnungen geben als Lebensdauer eines Reetdaches 30 Jahre an. Bei guten Umständen kann ein Reetdach auch 100 Jahre halten. Folgende Kriterien tragen zu einer langen Haltbarkeit bei:

  • Die Dachneigung sollte möglichst steil sein
  • Hochwertiges Reet mit möglichst langen Halmen
  • Fachgerechte Eindeckung
  • Fachgerechte Pflege

Warum sind Reetdächer dicht?

Tritt Wasser auf ein Reetdach auf, wird es entlang der Halmer abgeleitet. Damit das möglichst gut gelingt, sollte das Dach möglichst steil und die Halme möglichst lang sein. Die Feuchtigkeit kann trotzdem zwischen den einzelnen Halmen in tiefere Schichten eindringen. Deswegen sind nach einem Regenguss die obersten fünf Zentimeter eines Reetdaches nass. Da ein Reetdach aber üblicherweise rund 30 Zentimeter dick ist, stört das nicht. Bei Sonnenschein oder Wind trocknet das Reet dann wieder.

Vor- und Nachteile des Reetdachs

Vorteile

  • nachwachsende natürliche Materialien
  • bei Verwendung regional angebauten Schilfrohrs: ökologische Nachhaltigkeit
  • Beitrag zur Bewahrung traditioneller Handwerkstechniken, die UNESCO Weltkulturerbe sind
  • einzigartiger Charakter

Nachteile

  • geringere Haltbarkeit (natürlicher Zersetzungsprozess des Materials)
  • höhere Herstellungskosten (Material und Verarbeitung, große Dachfläche)
  • höherer Wartungsaufwand
  • größeres Grundstück erforderlich (Grenzabstände)
  • höhere Versicherungskosten
  • bei importiertem Reet: ggf. Geringere Nachhaltigkeit